Together

Katerina, Tsomo, Lhamo, Karma-Dolma, Sonam und Choentso

Ziemlich lange Zeit hat unsere Gemeinde in Wilchingen eine Betreuung für die Asylsuchenden gesucht, die in Osterfingen neu wohnen sollten. Noch vor 1,5 Jahren wohnten in unserem Dorf, ca. zwei Jahre lang (männliche) Asylbewerber aus Eritrea, die nach dem Erhalt der Aufenthaltsbewilligung dann ausgezogen sind. Deren Betreuerin zog jedoch ebenfalls weg von Osterfingen (360 Anwohner, Kanton Schaffhausen).
Kurz vor der Ankunft der neuen Asylbewerber erfuhr ich, dass es sich um Frauen aus dem Tibet handelt. Und weil mich schon immer der Tibet, der Dalai Lama und auch der Buddhismus seit Jahren interessierte und ich bereits mehrere Bücher über Tibet gelesen habe, meldete ich mich voller Begeisterung für diese Funktion an.
Die fünf „Osterfinger Tibeterinnen“, wie sie inzwischen genannt werden, sind am Montag, 14.10.2013 in Osterfingen angekommen. Sie kommen aus verschiedenen Teilen Tibets.
Manche der tibetischen Frauen konnten zwar ein paar Worte Englisch. Aber die Verständigung ging auch mit Händen und Füssen sehr gut voran. Bereits am Anfang – das fühlte ich - entstanden Vertrauen und Freundschaft. Anfang Januar 2014 (bevor noch zwei weitere tibetische Frauen bei uns eingetroffen sind; zurzeit sind es sieben Frauen und ein Baby) wurde in der Turnhalle von unsrem Dorf ein „Tibetischer Nachmittag“ veranstaltet.
Die Tibeterinnen wollten sich damit der Bevölkerung vorstellen. In der Turnhalle ist eine Küche vorhanden und so wurde natürlich zum Essen und zur Erfrischung nur „ Tibetisches“ angeboten. Die fünf jungen Frauen haben ca. 350 Momos („Momo“ = Teigtaschen) – mit Fleisch- oder Gemüse Fühlung – gedämpft; sie haben den tibetischen gesalzenen Buttertee („Böödscha“) gekocht und in grosse Thermoskannen gefüllt. Ich durfte ca. 17 Liter von der tibetischen Maissuppe kochen („AshomThang“ - gemäss dem einzigen tibetischen Kochbuch, das es gibt!). Als Dessert wurde farbiges, geflochtenes Gebäck (Khabse) geboten.
Wir haben so viel gekocht und gebacken, ohne die Sicherheit, dass überhaupt jemand zu dieser tibetischen Feier kommen werde. Es wurde uns von manchen Leuten prophezeit, dass nicht viele Leute kommen werden und wir sollten ja nicht enttäuscht werden!
Die Wände der Turnhalle haben wir mit grossen, ausgeschnittenen Kalenderbildern und mit Fotos von Tibet verziert und einen Abriss über die Geschichte Tibets angebracht.
Und welche Überraschung; es kamen über 100 Menschen und die Turnhalle platzte fast aus allen Nähten. Alle Bänke, Stühle und Tische waren besetzt! Die Dorfeinwohner von Osterfingen und von Wilchingen waren doch neugierig.
Die tibetischen Frauen – in der Küche haben alle fünf geholfen – haben nach einer Stunde ganz schnell tibetische Trachten angezogen, und als sie mit ihren wunderschönen Stimmen angefangen haben Tibetisch zu singen und dazu dann noch zu tanzen, waren alle Menschen richtig begeistert und gerührt. Plötzlich waren da auch Journalisten aus Schaffhausen und Umgebung anwesend, die dann ausführlich über den Tibetischen Nachmittag berichtet haben. Es war ein riesen Erfolg!
Am Abend haben wir dann unseren Kollekte-Karton gespannt geleert. Und die nächste Überraschung hat uns erwartet! Da war Geld, das dann gereicht hat: für je zwei Tageskarten, für einen Ausflug in die Berge, ein Käse-Fondue Abendessen, eine Übernachtung in Engelberg und noch ein ganz kleines Taschengeld für jede Tibeterin.
In den Bergen, bei unserem Ausflug, war die Begeisterung der Tibeterinnen - als es noch in der Nacht angefangen hat zu schneien - grenzenlos! Die junge Frauen freuten sich sehr und es wurde viel gelacht.
Und ich habe gehofft, dass sie für einen kleinen Augenblick ihre traurigen, teilweise traumatischen Fluchterlebnisse aus Tibet und auch das Verlassen ihrer Familien vergessen konnten.
Zusätzlich machten wir in Engelberg noch eine kleine Klosterführung, in Luzern ein Spaziergang und in Zürich eine See-Schifffahrt. In diesen zwei wunderschönen Tagen wurde viel fotografiert und die tibetischen Frauen - Tsomo, Lhamo, Karma-Dolma, Sonam und Choentso - werden sich vielleicht das Leben lang an den Ausflug, so bald nach ihren Anreise in die Schweiz, erinnern.

Die zweite Geschichte ist eine über die Solidarität

Es geht um eine der zwei tibetischen Frauen, die erst später - erst am 16.01.2014 – zu uns gestossen sind. Tsering und Tashi.
Tsering war im dritten Monat schwanger. Sie hat im Osterfinger „Tibeterinnen Haus“ ein extra Zimmer erhalten. Aber sonst fehlten ihr alle Sachen, die ein Baby benötigt. Überall im Dorf habe ich nachgefragt, da bei uns in Osterfingen erstaunlich viele Kinder geboren werden. Geschenkt wurde dann ein Kinderbett, kleine Matratze, kleine Decken, Auto-Schale, wenn das Kind zum Arzt fahren musste und anderes. Eine Nachbarin, die sehr gut sticken kann, hat ein „Geburtssreifen“ gestickt. Eine andere hat einen neuen Babysack gekauft. Aber es war immer noch nicht genug, wir haben immer noch zu wenig Babysachen gehabt.
Als eine Frau aus dem Nachbardorf Wilchingen im Kindergarten einen Aushang gemacht hat, kam ein grosses Echo; da wurden anscheinend alle Mütter von Wilchingen und der Umgebung wach.
Ununterbrochen kamen Mütter mit Kinderwagen, Kleidung, Spielzeug und ganzen Mengen von anderen „kleinen“ Sachen. Das war wirklich ein schönes Erlebnis der Solidarität! Gekauft werden musste dann nur noch ein Schnuller.
Und als das Baby – übrigens ein Mädchen, das Tenzin heisst - zwei Monate alt war, haben wir dann im Garten des Dorfkindergartens einen „Dankeschön-Nachmittag“ veranstaltet, wo die „sechs tibetischen Tanten“ wieder tibetisches Gebäck und Tee serviert haben.

Über das Dream-Team

Ich selber bin gebürtige Tschechin aus Prag, mit Deutscher Staatsangehörigkeit und einer C- Aufenthaltserlaubnis in der Schweiz lebend.
Meine Eltern flüchteten 1968 nach dem Einmarsch der Sowjetischen Armee in Prag in die Schweiz. Sie konnten sich sehr schnell integrieren, weil sie Deutsch- und andere Fremdsprachen beherrschten. Ich weiss, dass sie aber traurig waren, dass sie ihre Heimat verlassen haben. Später bin ich von Deutschland in die Schweiz gekommen, um meine kranke Mutter zu pflegen.

Es sind keine spektakulären Geschichten über die Tibeterinnen. Mir persönlich wurde aber so viel Freundschaft und Sympathie geschenkt und ich konnte ebenfalls vieles dazu lernen.
Ich möchte diese Zeit nie mehr missen!

Das besondere an unserem Dream-Team ist, dass es fürs Verständnis nicht viele Worte braucht

Interessant finden wir: Austauschen über Bräuche: Zum Bespiel wird als kleine Entschuldigung in Tibet die Zunge ausgestreckt.

Die Kampagne

Die Schweizerische Flüchtlingshilfe SFH, das Staatssekretariat für Migration und das UNO-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR setzen sich anlässlich der Flüchtlingstage 2015 gemeinsam dafür ein, dass anerkannte Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene einen besseren Zugang zum gesellschaftlichen und beruflichen Leben in der Schweiz erhalten. Sie lancieren den Wettbewerb «Dream- Teams 2015». Mit dem Wettbewerb werden Beispiele täglich gelebter Integration gewürdigt. Es wird aufgezeigt, dass jeder einen Beitrag leisten kann.